KAPITEL II - Von den Anfängen bis zum ersten Weltkrieg

Bezüglich der Initiatoren des auf den Namen « Société de Gymnastique Rumelange » getauften Turnvereins fällt auf dass die ersten Vorstandsmitglieder gehobenen Berufsgruppen angehören. So ist die Rede vom Geschäftsmann Nau, den Betriebsführern Faber und Jaans, dem Bahnhofsvorsteher Luja, dem Eisenbahn-Kommissar Dutreux und dem Hüttenbeamten Poncin. Nachdem das Turnerkind nun vom Gründungspräsidenten Jean-Pierre Nau und seinem Führungsquintett aus der Taufe gehoben ist, gedeiht es gut und vollbringt auch gleich sportliche Leistungen.

Eine wichtige Voraussetzung für die Gründung einer Sportvereinigung sind Räumlichkeiten zum Training. Diesbezüglich findet die junge Vereinigung ihre erste Unterkunft im Saal Heinrich-Schnadt, gegenüber dem heutigen Restaurant Le Perroquet. Aus finanziellen Gründen ist anfangs nicht an Reck oder Barren zu denken so dass in den Gründerjahren nur Bodenübungen möglich sind. Also muss Geld her um Turngeräte anzuschaffen. Dies geschieht durch Vereinsbeiträge und die Unterstützung durch Gönner sowie betuchte Vorstandsmitglieder. Auch Theateraufführungen und Faschingsveranstaltungen dienen zum Aufbessern der Finanzen. Ein Jahr nach der Vereinsgründung weihen die Rümelinger Turner bereits ihre erste Fahne ein.

 

Dieses nicht datierte Foto zeigt die Rümelinger Turnerriege mit ihrer Vereinsfahne aus dem Jahre 1891. Somit dürfte es das älteste noch exisitierende Foto aus der 125jährigen Vereinsgeschichte der L’ETOILE sein

Dieses nicht datierte Foto zeigt die Rümelinger Turnerriege mit ihrer Vereinsfahne aus dem Jahre 1891. Somit dürfte es das älteste noch exisitierende Foto aus der 125jährigen Vereinsgeschichte der L’ETOILE sein

Um sich nach außen hin als Vereinsmitglieder kenntlich zu machen bedarf es einer einheitlichen Kleidung. Die erste Uniform besteht aus weißen Beinkleidern, einem weißen Flanelhemd mit blauem Kragen, einer blauen Schärpe und weißen Gamaschen. Im Jahre 1909 sind die Rümelinger Turner eher als Männer in Schwarz zu bezeichnen. Kein Wunder bei der Zusammensetzung dieser zweiten Uniform mit kurzer schwarzer Tricot-Hose, schwarzem Trikot mit weißem Stern auf der Brust, schwarzen Strümpfen und schwarzer Leibbinde mit weißen Rändern.

Im Jahre 1901 bekommt der Verein übrigens seinen heutigen Namen L’ ETOILE. Es sei darauf hingewiesen dass das Wahrzeichen des Rümelinger Turnvereins anfangs 6 Zacken beinhaltet während der aktuelle Stern deren nur mehr 5 aufweist.

Laut Protokollbuch sind die ersten Turnlehrer Jean-Baptiste Poncin, Nic Massard und Eugène Hettinger. Letzterer ist bestbekannt unter dem Namen « Herkules von Rümelingen ». Im Laufe der Jahre können Pauschenpferd, Barren, Ringe, Kasten, Schwebebalken, Bank, Taue und Matten angeschafft werden. Es wird hart trainiert und die sportlichen Erfolge bei ersten Turnwettstreiten in Luxemburg, Esch-Alzette, Nancy, Neuilly-sur-Seine, Antwerpen oder Reims bleiben nicht aus.

So bezeugt ein vom 16. Juni 1901 datiertes Preis-Diplom die Leistung von Eugène Hettinger. Der « Herkules » trägt  beim Athleten-Wettstreit in Luxemburg den 1. Preis im Schwer-Gewichtsstemmen davon was aber auffallenderweise wenig mit Turnerei zu tun hat.

Eugène Hettinger, Herkules aus Rümelingen

Eugène Hettinger, Herkules aus Rümelingen

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Bereits vor der Jahrhundertwende hat der junge Turnverein mit Schwierigkeiten zu kämpfen die sogar seine Existenz in Frage stellen. Den Kämpen Nic Massard und Eugène Hettinger gelingt es immer wieder das Schiff durch den Sturm in ruhigere Gewässer zu steuern.

Vereinssatzungen gibt es höchstwahrscheinlich bereits bei der Gründung. Sie werden 1909 aktualisiert und in der lokalen Buchdruckerei C. Massard gedruckt.

1911 gilt als Geburtsjahr einer L’ ETOILE Damensektion, anscheinend die 2. in Luxemburg. Turnidealist Nic Massard ist der geistige Vater dieser Idee deren Verwirklichung auf allerhand Abneigung besonders seitens des Pfarrklerus stößt. Gleich zu Beginn gibt es 12 Einschreibungen für die neue Damenriege die künftig in blauer Trikothose, blauer Cheviot-Bluse und Rock sowie Barett als Kopfbedeckung auftreten wird. Nic Massard als künftiger Damen-Turnlehrer erhält nur eine knappe Mehrheit gegenüber den Anhängern einer Turnlehrerin.

Unstimmigkeiten zwischen Gemeindeverwaltung und Turnverein führen im Dezember 1913 zur Existenzfrage « Auflösung oder Fortbestehen der Turngesellschaft ». Der Erste Weltkrieg nimmt den Streithähnen die Entscheidung ab da die Société de Gymnastique L’ ETOILE Rumelange ihre Tätigkeit vorübergehend einstellt.

histoireBruno Santos